02.08.2016 10:31
Familienrecht

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Aufstockungslage beim Ehegattenunterhalt

Unter welchen Voraussetzungen wird Aufstockungsunterhalt gewährt?

Das Unterhaltsrecht stellt einen Teilbereich des Familienrechts dar und wurde im Lauf der Zeit durch zahlreiche gesetzliche Normen sowie wegweisende gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich auf eine rechtssichere Basis gestellt. Dennoch führen durch das Scheitern von Partnerschaften bedingte unterhaltsrechtliche Konstellationen immer wieder zu Diskussionen unter Rechtsexperten. Eine aktuelle juristische Streitfrage bezüglich der Zuerkennung von Trennungs- bzw. Aufstockungsunterhalt wurde allerdings kürzlich entschieden.
Ehegattenunterhalt, Aufstockung/Kompensation

Anspruch auf Kompensation, wenn das Einkommen des Kindesunterhalts leistenden Gatten unter jenes des kindesbetreuenden Elternteils fällt

Aufstockungsunterhalt - was versteht man darunter?

Wie eine Erkenntnis des Bundesgerichtshofes (BGH) gezeigt hat, kann Anspruch auf Unterhalt neben den klassischen Unterhaltsobliegenheiten im Rahmen einer Trennung bzw. Scheidung auch durch den Umstand entstehen, dass das monatliche Einkommen des zum Barunterhalt gemeinsamer Kinder verpflichteten Ehegatten nach Abzug des Kindesunterhalts geringer ist als jenes des kinderbetreuenden Elternteils. Diese Form des Unterhalts wird als Aufstockungsunterhalt bezeichnet und soll dem kindesunterhaltspflichtigen Eheteil die Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards ermöglichen. 

Urteil des BGH schafft Rechtssicherheit beim Aufstockungsunterhalt

In seinem Urteil vom 11.November.2015 (Az. XII ZB 7/15) hat der Bundesgerichtshof eine rechtliche Streitfrage, welche unter Juristen seit geraumer Zeit für Diskussionen gesorgt hatte, eindeutig entschieden. Anlass war der Fall eines Ehegatten, welcher als Kindesvater für die gemeinsamen Kinder Barunterhalt leistete und gerichtlich gegen die Kindesmutter Anspruch auf Zahlung von Trennungs- bzw. Aufstockungsunterhalt erhoben hatte, da sein Einkommen abzüglich zu leistender Unterhaltszahlungen unter das Einkommen der kindesbetreuenden Mutter abgesunken war. Der BGH entschied, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt in diesem Fall zu Recht besteht. Denn der kindesbetreuende Ehegatte hat im Sinne einer gerechten Lastenverteilung in solidarischer Weise den Umstand mitzutragen, dass sich durch den Kindesunterhalt das für die Deckung der Lebensbedürfnisse verfügbare Einkommen für beide Ehegatten entsprechend vermindert. Sinkt nun das Einkommen des Kindesunterhalts leistenden Gatten unter jenes des kindesbetreuenden Elternteils ab, entsteht Anspruch auf finanzielle Kompensation in Form von Aufstockungsunterhalt. Diese Angleichung der Einkommen dient dem Ziel der Aufrechterhaltung des ehelichen Lebensstandards.

Bedenken von Rechtsexperten, dass der betreuende Elternteil damit indirekt einen Beitrag zum Kindesunterhalt leisten würde, teilt der BGH in seiner Erkenntnis nicht. Dies wird damit begründet, dass die Aufwendungen für den Unterhalt von Kindern das für eigene Bedürfnisse verfügbare Einkommen der Ehegatten verringern und damit zu gleichen Teilen Einfluss auf den Lebensstandard nehmen, woraus folgt, dass die Berücksichtigung des Kindesunterhalts hinsichtlich der Bedarfsbestimmung nicht davon abhängig ist, ob die Kinder vom unterhaltspflichtigen oder unterhaltsberechtigten Elternteil betreut werden.

Aufstockungsunterhalt - eine überobligatorische Belastung wird berücksichtigt

Hinsichtlich der Bestimmung des Ausmaßes der aufstockungsunterhaltsrelevanten Erwerbsobliegenheit sieht das Gesetz vor, dass die für den betreuenden Eheteil entstehende Belastung im Rahmen einer Billigkeitsabwägung nach § 1570 Abs. 1 BGB unter dem Aspekt einer gerechten Verteilung der Lasten zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil in die Bemessung der Erwerbspflicht einfließt. Gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass die dem betreuenden Elternteil mögliche Erwerbstätigkeit zusammen mit der von ihm zu leistenden Kindesbetreuungs- und Erziehungsleistung zu einer unzumutbaren Belastung führt, besteht die Möglichkeit, dass im Einzelfall das Erwerbseinkommen des kindesunterhaltsberechtigten Ehegatten gänzlich oder zum Teil als überobligatorisch eingestuft wird. Da überobligatorische Einkünfte nur teilweise als eigenes Einkommen angerechnet werden, kann dies zu einer Minderung oder einem gänzlichen Erlass der Aufstockungsunterhaltspflicht führen. Um derartige Begehren als klagende Partei jedoch fundiert begründen und juristisch korrekt formulieren zu können, ist die Beiziehung eines in Fragen des Unterhaltsrechts versierten anwaltlichen Beistandes dringend zu empfehlen. 

Fazit

Stellt das gegenständliche Urteil des Bundesgerichtshofes auch zweifellos einen wichtigen Schritt zur Vervollkommnung der Rechtssicherheit im Unterhaltsrecht dar, bedarf es dennoch fundierter Kenntnis der einschlägigen rechtlichen Materie sowie ergangener Urteile in diesbezüglich relevanten Fällen, um unterhaltsrechtliche Ansprüche vor Gericht wirksam geltend machen zu können. Die erfahrenen Juristen unserer Kanzlei stehen Ihnen für eine Abklärung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten im jeweiligen Fall sowie für die Beantwortung von Fragen jederzeit zur Verfügung und helfen Ihnen gerne dabei, Ihre Ansprüche bei Gericht erfolgreich durchzusetzen. Selbstverständlich bezieht sich unsere rechtsfreundliche Unterstützung nicht nur auf das Familien- bzw. Unterhaltsrecht, unsere juristischen Experten decken vielmehr sämtliche Rechtsgebiete ab. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

 

Bildquelle: wwward0 (Billie Grace Ward), CC BY 2.0, flickr.com/photos/wwward0/15707574298