28.03.2013 14:14
Zivilrecht

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PKH bei Schmerzensgeldklage

Prozesskostenhilfe für Schmerzensgeldklage

Beschluss des BVerfG (Aktz.: 1 BvR 274/12) vom 28.01.2013 - Dem Beschwerdeführer wurde Prozesskostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage versagt. Anlass für die Schmerzensgeldklage war die Weigerung eines Krankenhauses, ihn auf die Warteliste für eine Organvermittlung zu setzen.

Im Einzelnen lag der Verfassungsbeschwerde der folgende Sachverhalt zugrunde.

Der Beschwerdeführer war ursprünglich wegen eines Herzleidens in Behandlung. Das behandelnde Krankenhaus lehnte -wie oben ausgeführt- die Aufnahme des Patienten auf die Warteliste für die Organvermittlung zur Herztransplantation ab. Begründet wurde dies damit, dass wegen schwerwiegender Verständigungsprobleme und der sich daraus ergebenden Unsicherheit bzgl. der Mitwirkung des Patienten keine Indikation zu einer Herztransplantation ergebe. Letztlich wurde der Beschwerdeführer von einem anderen Krankenhaus auf die genannte Warteliste gesetzt. 

Der Beschwerdeführer beantragte sodann Prozesskostenhilfe, um eine Schmerzensgeldklage gegen das ursprünglich behandelnde Krankenhaus anzustrengen. Er fühlte sich diskriminiert und in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil er nur aufgrund fehlender Sprachkenntnisse nicht auf die Warteliste aufgenommen wurde. 

Das BVerfG hat der Beschwerde stattgegeben, wobei es sich von den folgenden Erwägungen leiten ließ: 

Prozesskostenhilfe

Der Sinn und Zweck von Prozesskostenhilfe ist es, die Möglichkeiten von Bemittelten und Unbemittelten im Rahmen des Rechtsschutzes weitgehend einander anzunähern. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe darf zulässigerweise von den Erfolgsaussichten abhängig gemacht werden. Allerdings darf bei der Prüfung der Erfolgsaussichten das Hauptsacheverfahren nicht vorweggenommen werden. Es soll lediglich der Zugang zu den Gerichten ermöglicht werden. 

In dem Beschluss des BVerfG vom 28.01.2013 wurde ausgeführt, dass der den Fachgerichten zustehenden Entscheidungsspielraum begrenzt ist. Es darf kein Auslegungsmaßstab herangezogen werden, durch den einer unbemittelten Partei im Verhältnis zu einer bemittelten der Zugang zum Rechtsschutz erschwert wird. 

Eine Überschreitung des Entscheidungsspielraums liegt nach Feststellung des BVerfG insbesondere dann vor, wenn die Anforderungen an die Erfolgsaussichten beispielsweise einer Klage, überspannt werden. Denn dadurch würde der Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe, eine Gleichstellung zwischen Bemittelten und Unbemittelten zu bewirken, verfehlt. 

Insbesondere dürfen bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht bereits im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden. Eine Klärung der Fragen muss in der Hauptsache herbeigeführt werden. 

Im vorliegenden Fall kam u. a. eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht. Diese wäre nach Ausführungen des Gerichts mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgegangen. Die Tatsache, dass durch die Ablehnung der Prozesskostenhilfe auch die mögliche Beweisaufnahme verwehrt wurde, läuft dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider. 

Im Einzelnen: Nach den Richtlinien für die Wartelistenführung und die Organvermittlung zur Herz-, Herz-Lungen- und Lungentransplantation ist vor der endgültigen Ablehnung einer Aufnahme in die vorgenannte Warteliste, der Rat einer psychologisch erfahrenen Person einzuholen. Im Ausgangsverfahren stand die streitige Frage im Raum, ob ein solches Gespräch mit dem Beschwerdeführer stattgefunden hat. Die Beantwortung dieser Frage war somit entscheidungserheblich und hätte nicht bereits im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden dürfen.

Das BVerfG hat des Weiteren festgestellt, dass die Ausgangsgerichte schwierige und bislang ungeklärte Rechtsfragen bereits im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden haben. Denn sie hatten an dieser Stelle vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche verneint und sich dabei - in Anlehnung an die einschlägige Richtlinie der Bundesärztekammer - auf die fehlende Mitwirkung (sog. Compliance) des Patienten gestützt.

Allerdings wird neben der Frage nach der formalen Richtlinienkompetenz der Bundesärztekammer insbesondere inhaltlich die in den Richtlinien vorgesehene Kontraindikation der sog. Compliance kritisiert. Eine Anknüpfung an sprachliche Verständigungsschwierigkeiten ohne die Voraussetzung, diese Schwierigkeiten durch Hinzuziehung eines Dolmetschers zu beseitigen, ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG in der Tat mehr als fraglich. Es handelt sich hierbei um Fragen, die in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt wurden. Allein mit den bekannten Auslegungshilfen lassen sie sich darüber hinaus nicht ohne weiteres beantworten.

Auf die Klärung dieser Fragen kam es jedoch für die geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche des Beschwerdeführers an. 

Aus den vorgenannten Gründen hat das BVerfG der Verfassungsbeschwerde stattgegeben und den Beschluss des OLG Hamm vom 22.12.2011 aufgehoben. Die Sache wurde an das OLG Hamm zurückverwiesen.