30.01.2012 14:26
Steuerrecht

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Abzugsfähigkeit von Prozesskosten

Prozesskosten sind außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

Im Mai diesen Jahres hat der BFH entgegen seiner früheren Rechtsprechung Prozesskosten als grundsätzlich abzugsfähige Kosten im Rahmen von außergewöhnlichen Belastungen eingestuft. BFH vom 12.05.2011 VI R 42/10

Ausgangspunkt der sog. Außergewöhnlichen Belastungen ist der Schutz des Einzelnen vor solchen Aufwendungen, gegen die er sich nicht wehren kann und die bei ihm größer sind als bei einer vergleichbaren Gruppe. 

Als Beispiel seien nur die Krankheitskosten genannt, die als außergewöhnliche Belastungen eingestuft werden, soweit sie nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Hierunter fallen etwa Fahrtkosten zu Ärzten und Therapien.

Bis zu dieser Entscheidung im Mai des letzten Jahres ließ der BFH die Abzugsfähigkeit der Prozesskosten nicht zu. Die Gründe waren folgende: 

Zum einen wohnt außergewöhnlichen Belastungen inne, dass sie nicht freiwillig erbracht werden. Im Gegensatz dazu kann ein Prozessbeteiligter die Kosten aber vermeiden, in dem er entweder direkt ein Anerkenntnis abgibt oder, wenn er auf der anderen Seite steht, er auf die Klage verzichtet. Wenn der Steuerpflichtige sich jedoch auf einen Prozess einlässt, obwohl er nicht weiß, wie er ausgehen wird, dann soll er die Kosten nicht geltend machen können. 

Denn Sinn und Zweck des § 33 EStG ist es, solchen Leuten eine Steuervergünstigung zukommen zu lassen, die durch entsprechend außergewöhnliche Ausgaben belastet sind. 

Den außergewöhnlichen Belastungen wohnt, wie bereits erwähnt, inne, dass sie erzwungenermaßen fällig gewesen sind. Die Prozesspartei hingegen kann wählen, ob sie gerichtlich tätig werden will oder nicht. 

Die Rechtsprechung machte vor ihrer Entscheidung im Mai bereits Ausnahmen und ließ Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu. 

In der Urteilsbegründung von Mai 2011 argumentiert der Bundesfinanzhof jetzt damit, dass Prozessrisiken niemals freiwillig übernommen werden, denn gewisse Ansprüche kann der Bürger nur durch die Inanspruchnahme von gerichtlicher Hilfe geltend machen oder abwehren. Der Weg zu den Gerichten sei also nicht wählbar. 

Die Frage, ob mit dieser Entscheidung der Sinn der „außergewöhnlichen“ Belastungen in Frage gestellt wird, kann mit „nein“ beantwortet werden:

Betrachtet man die Statistik allein für die Monate Januar bis August des Jahres 2009, so wurden in diesen acht Monaten innerhalb der Ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Bundesrepublik fast 3 Mio. erstinstanzliche
Zivil- und Strafverfahren beendet. Angesichts dieser Zahlen sind Prozesskosten heutzutage wohl nichts „außergewöhnliches“ mehr. 

Die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um Prozesskosten als abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen geltend machen zu können, sind ähnlich wie bei der Prozesskostenhilfe: 

Insbesondere muss der Steuerpflichtige die Prozessrisiken gegeneinander abgewogen haben. Das bedeutet, dass er den Prozess nicht willkürlich geführt haben darf. Um das zu untermauern ist im Vorhinein zu beurteilen, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht.

Da oftmals der einzige Weg zur Durchsetzung von Ansprüchen zu Gericht führt und vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes gem. Art.
3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG jeder die gleichen Möglichkeiten haben soll, dürfen an die Voraussetzungen nicht allzu hohe Anforderungen gestellt werden.