16.08.2016 16:13
Bankrecht, Zivilrecht, Kapitalanlagerecht

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Unwirksame Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen

Kreditwiderruf: OLG München erklärt Widerrufsbelehrungen von Sparkassen für unwirksam

Die gesetzlichen Muster für Widerrufsbelehrungen seit dem Jahr 2010 sind nach Ansicht des OLG München fehlerhaft. Dies bedeutet, dass die 14-tägige Widerrufsfrist möglicherweise nicht zu laufen begann. Wir zeigen Ihnen die Auswirkungen für Darlehensnehmer und Banken auf.

Manche Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen der Sparkasse sind lt. OLG München unwirksam - Kreditverpflichtungen können u.U. aufgehoben werden.

Das OLG München hat mit seinem Urteil vom 21.05.2015 (Az. 17 U 334/15) klargestellt, dass viele der Widerrufsbelehrungen von Sparkassen aus den Jahren 2010 bis 2013 unwirksam sind. Diese basierten auf einem Checkbox-Modell, bei welchem durch Ankreuzen verschiedene Möglichkeiten ausgewählt werden konnten. Das OLG München stellte in seinem Urteil klar, dass Widerrufsbelehrungen sämtliche Pflichtangaben nach § 492 II BGB enthalten müssen. Die betreffenden Widerrufsbelehrungen müssen hervorgehoben sein - eine mangelnde Hervorhebung gegenüber anderen Vertragsinformationen ist fehlerhaft. Eine unwirksame Widerrufsbelehrung führt dazu, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Das Urteil des OLG München führt dazu, dass Darlehensnehmer von Sparkassen nun genau über ihre Rechte Bescheid wissen. Deren Widerrufsfrist ist in vielen Fällen nicht abgelaufen, sodass ein Widerspruch des Vertrags weiterhin möglich ist. 

Auch gesetzliches Muster ist fehlerhaft

Obwohl das OLG München über einen Sachverhalt zu entscheiden hatte, der relativ eingeschränkt war, traf dieses eine weitreichende Feststellung. Das OLG München führte in seinem Urteil aus, dass die gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrungen nicht den Vorgaben des Gesetzes entsprichen. Die dort enthaltene Aufzählung der Pflichtangaben ist unvollständig, Art. 247 § 6 II S.1 EGBGB. In den Widerrufsinformationen steht die folgende Passage:

"Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 II BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat." 

Diese Passage führt lediglich einige der benötigten Pflichtangaben als Beispiele auf. Der Darlehensnehmer muss jedoch über sämtliche Pflichtangaben informiert sein, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Innerhalb dieser Widerrufsfrist kann der Darlehensnehmer als Verbraucher den Vertrag widerrufen und sich davon lösen. Welche weiteren Pflichtangaben erforderlich sind, ist in der Passage nicht enthalten. Dann ist aber nicht geklärt, wann die Frist für Widerruf zu laufen beginnt. Im Umkehrschluss kann nicht festgestellt werden, wann die 14-tägige Widerrufsfrist abläuft. Die Pflichtangaben, die von § 492 II BGB vorgeschrieben werden, sind in keinem gesetzlichen Muster ab dem Jahr 2010 aufgezählt. Deshalb sind nach Ansicht des OLG München Widerrufsbelehrungen, die nach einem gesetzlichen Muster ab dem Jahr 2010 erstellt wurden, fehlerhaft. In seinem Urteil bezog sich das OLG München auf die Widerrufsbelehrungen der Sparkasse, die als "Checkbox" gestaltet wurden. Beim Gerichtsprozess stritten die Parteien um eine Rückzahlungspflicht wegen vorzeitiger Ablösung von drei Darlehensverträgen, die aus einer Vorfälligkeitsentschädigung resultierte. Die drei Darlehensverträge umfassten Nennbeträge in Höhe von 350.000 Euro. Die Beträge wurden durch zwei sofort vollstreckbare Buchgrundschulden gesichert. Sämtliche Darlehensverträge enthielten eine Zinsbindungsfrist. Der Darlehensnehmer wollte die Vorfälligkeitsentschädigung mit Verweis auf die mangelhafte Widerrufsbelehrung nicht begleichen. Das OLG München stärkte dem Darlehensnehmer in der Berufung den Rücken und stellte sich gegen das vorhergehende Urteil des LG Traunstein, Az. 5 O 2155/14.

Möglichkeiten und Aussichten für Darlehensnehmer

Für Darlehensnehmer bedeutet das Urteil aus dem Jahr 2015 nicht, dass sie einfach sämtliche Kreditverpflichtungen aufheben können. Wenn eine Bank das gesetzliche Muster unverändert übernommen hat, könnte - je nach Jahr des Vertragsschlusses - eine Schutzwirkung vorhanden sein. Darlehensnehmer sollten sich an einen Rechtsanwalt wenden, um zu überprüfen, ob die Widerrufsmöglichkeit fortbesteht oder nicht. Typische Fehler sind die Folgenden:

  • Es fehlen Pflichtangaben
  • Die Belehrung ist unvollständig
  • Es liegen voneinander abweichende Belehrungen vor
  • Die Belehrung über den Fristbeginn ist falsch
  • Es gibt überhaupt keine Belehrung

Welche mangelhaften Angaben zu einem Widerrufsrecht führen und welche nicht, muss von einem fachkundigen Rechtsanwalt beurteilt werden. Dieser kann die Erfolgsaussichten einer Klage bzw. eines Widerrufs begutachten und dem Darlehensnehmer zu seinen Rechten verhelfen. 

Wir stehen Ihnen gerne zu einer Prüfung Ihrer Widerrufsbelehrung und Ihrer Verträge im Allgemeinen zur Seite!

 

Bildquelle: Maik Meid, CC BY 2.0, flickr.com/photos/frnetz/14673019398