03.09.2012 15:52
Familienrecht

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Scheidung mit Auslandsbezug

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte im Falle einer Ehescheidung mit Auslandsbezug

Eine Scheidung mit Auslandsbezug liegt im Familienrecht immer dann von, wenn einer der Ehegatte nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder zwei deutsche Staatsangehörige im Ausland geheiratet haben.

In diesen Fällen stellen sich dem Rechtsanwalt für Familienrecht zunächst mehrere Fragen. Welches Gericht ist zuständig und welches Recht findet Anwendung? Was passiert, wenn eine Ehescheidung oder eine anderweitige familienrechtliche Sache bereits im Ausland vor einem Gericht anhängig ist und wird die Entscheidung eines deutschen Gerichtes im Ausland anerkannt ?

 

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Ehesachen richtet sich primär nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 auch als EuEheVO bekannt, wobei in selteneren Fällen auch § 98 FamFG zur Anwendung gelangen kann. Die EuEheVO gilt für alle Mitgliedsstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks und findet Anwendung, sobald ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist.

 

Aus Art. 3 der EuEheVO ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht für die Ehescheidung oder die Ungültigkeitserklärung einer Ehe sowie Angelegenheiten die elterliche Verantwortung betreffend, jedoch nicht für andere Familiensachen (Unterhalt, Versorgungsausgleich, Güterrecht etc.).

 

Der vorgenannte Paragraph eröffnet einen räumlich- persönlichen Anwendungsbereich, so dass maßgeblich auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Ehegatten abgestellt wird. Der gewöhnliche Aufenthalt muss nicht immer mit dem Wohnsitz zusammenfallen. Es kann auch der Ort sein, an dem die maßgebliche Person ihren Daseinsmittelpunkt hat.

 

Zum einen wird auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragsgegners abgestellt. Befindet sich dieser in Deutschland, reicht dies zur Bejahung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte immer aus.

 

Zum anderen kann aber auch der gewöhnliche Aufenthalt des Antragsstellers maßgeblich sein. Dies ist der Fall, wenn die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten und der Antragssteller den seinen zum Zeitpunkt der Antragsstellung noch hat. 

 

Hat der Antragssteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit einem Jahr vor Antragsstellung in Deutschland, ist ebenfalls die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht gegeben. Ein gewöhnlicher Aufenthalt von mindestens 6 Monaten ist jedoch ausreichend, soweit der Antragssteller die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. 

 

Der gewöhnliche Aufenthalt des Antragsstellers ist überdies zuständigskeitsbestimmmend, wenn die Ehegatten einen gemeinsamen Antrag stellen, der Antragsgegner also dem Scheidungsantrag persönlich zustimmt, wobei diese Erklärung auch zeitlich nach dem Scheidungsantrag erfolgen kann.

 

Unabhängig von ihrem Aufenthaltsort ist jedoch nach Art. 3 Abs. 1 b EuEheVO die Zuständigkeit deutscher Gericht gegeben, sofern beide Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Antragsstellung (= Anrufung des Gerichts; nicht Rechtshängigkeit) besitzen. Wurde die deutsche Staatsangehörigkeit zu einem früheren Zeitpunkt aufgegeben, ist dies nicht ausreichend.

 

Die in Abs. 1 lit. a) und b) aufgezählten Anknüpfungspunkte sind untereinander gleichwertig, so dass im Einzelfall mehrere Alternativen Anwendung finden und mithin zur Zuständigkeit verschiedener Mitgliedsstaaten führen kann. In diesem Fall steht es dem Antragssteller jedoch offen, bei welchem international zuständigen Gericht er den Scheidungsantrag stellt.

 

Ist der Scheidungsantrag bereits bei zwei international zuständigen Gerichten rechtshängig, gilt das Gericht als zuständig, welches früher angerufen wurde, Art. 19 i. V. m. Art. 16 EuEheVO.

 

Findet keine der aufgezählten Regelungen Anwendung, ist schließlich bei der Ermittlung der Zuständigkeit Art. 6 EuEheVO zu prüfen, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Sperrwirkung entfaltet.

 

Ist diese jedoch nicht gegeben, gelangt § 98 FamFG über Art. 7 EuEheVO zur Anwendung.

 

Oftmals ist bereits die Benennung des gewöhnlichen Aufenthaltes des Ehegatten nicht einfach. Beabsichtigten Sie also, sich von Ihrem im Ausland lebenden Partner scheiden zu lassen, so vereinbaren Sie am besten mit einem Fachanwalt für Familienrecht einen Termin. In diesem werden wir Sie umfassend beraten.

 

Annette Scharf

- Rechtsanwältin für Familienrecht -
Hassenpflug Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Kassel