01.11.2013 12:50
Erbrecht

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Nachweis des Erbrechts

Darf die Bank einen Erbschein verlangen?

Unwirksame Erbnachweisklauseln - Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern kann den Nachweis auch in anderer Form führen.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Erbnachweisklausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, nach der diese wählen kann, ob zum Nachweis der Rechtsnachfolge eines Kunden ein Erbschein bzw. Testamentsvollstreckerzeugnis oder die Niederschrift über die Eröffnungsverhandlung nebst einer beglaubigten Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des verstorbenen Kunden vorzulegen ist, unwirksam ist (Urteil des BGH vom 08.10.2013, XI ZR 401/12).

Für Erben ist es erfahrungsgemäß oft vom Zufall abhängig, ob Ihnen die die Bank des Erblassers die oft dringend notwendigen Informationen über die Kontoverbindung des Erblassers zur Verfügung stellt.
Bei den Banken existieren ganz unterschiedliche Praktiken. Es gibt gerade kleinere Banken, deren Mitarbeiter die Verwandten des Erblassers oft schon Jahre lang persönlich kennen und die ohne große Prüfung Verfügungen von Personen zulassen, die nach Eintritt des Erbfalls gar nicht verfügen dürften, weil Sie – bei genauer Betrachtung – nur Vermächtnisnehmer geworden sind oder andere Miterben zustimmen müssten. Auf der anderen Seite existieren Banken, die sich genau anders verhalten und keinerlei Informationen herausgeben bis ein formeller Erbnachweis (Erbschein etc.) vorliegt.

Erbnachweisklauseln in den AGB

Da Bankmitarbeiter keine Fachanwälte für Erbrecht sind, ist es verständlich, dass Banken versuchen, sich vor Schaden zu schützen, in dem sie in den AGB regeln, welche Unterlagen im Erbfall von den Erben beizubringen sind.

Im Urteilsfall hatte die Bank dies wie folgt geregelt:

“Nr. 5 Legitimationsurkunden

(1) Erbnachweise

Nach dem Tod des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.”


Die Instanzgerichten hatten einer Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes gegen diese Klausel stattgegeben, die hiergegen eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.

Keine Pflicht, den Nachweis durch Erbschein zu erbringen

Der BGH hat jetzt entschieden, dass der Erbe nicht verpflichtet sei, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern diesen Nachweis auch in anderer Form führen könne

Dem widerspreche die in den AGB der Bank vorhandene Klausel.

Die Bank könne die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts unabhängig davon verlangen, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht überhaupt zweifelhaft sei oder ob es auch auf andere Art nachgewiesen werden könne.

Es könne auch nicht im Ermessen der Bank stehen, welche Unterlagen sie im Einzelfall anfordere.

Die vorhandene Regelung halte einer Inhaltskontrolle nicht stand, da sie ist mit wesentlichen Grundgedanken des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zu vereinbaren sei und benachteilige Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Bei einer Interessenabwägung komme es auf die mögliche Benachteiligung des (wahren) Erben an, dem regelmäßig nicht daran gelegen sei, auch in Fällen, in denen er sein Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines (teuren) Erbscheins nachweisen könne, ein unnötig kostenverursachendes und verzögerndes Erbscheinsverfahren führen zu müssen.

Der (wahre) Erbe könne auch nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, von diesem zunächst – zu Unrecht – verauslagte Kosten später im Wege des Schadensersatzes, gegebenenfalls sogar nur unter Beschreitung des Klageweges von der Bank erstattet zu verlangen.

 

Schäden durch falsche Erben

Für die Praxis ist die Entscheidung des BGH zu begrüßen. Es darf allerdings nicht verkannt werden, dass dann, wenn Bankmitarbeiter vorschnell eine Verfügungsberechtigung des (unerkannt falschen) Erben bejahen, Schäden beim wahren Erben entstehen können. Auf die Banken kommt damit ein erhöhter Prüfungsaufwand zu - denn bei Fehlentscheidungen kann die Bank auf Schadenersatz haften.


Alexander Hassenpflug
- Rechtsanwalt für Erbrecht -
- Fachberater für Unternehmensnachfolge -